Video for Science: Medientechnologie in Forschung, Lehre und Wissenstransfer

1. Wissenschaftskommunikation im Umbruch
Die Wissenschaftskommunikation ist in einer Phase der grundlegenden Erneuerung, geprägt von multiplen disruptiven Entwicklungen: Nachdem Wissenschaft lange Zeit vor allem über Tagungen, Printpublikationen und persönliche Netzwerke vermittelt wurde, erweitern nun digitale Medientechnologien die Wege des Wissenstransfers dramatisch. Audiovisuelle Technologien, Streaming und OTT-Plattformen stehen stellvertretend für diese Transformation, die nicht allein technischer Natur ist, sondern gesellschaftliche, politische und regulatorische Veränderungen umfasst.
Aktuelle Arbeiten wie der EDUCAUSE Horizon Report 2025 verdeutlichen: Universitäten und Forschungseinrichtungen stehen an der Schnittstelle zwischen Digitalisierung und neuen Formen der Lehre. Dies eröffnet Chancen für Change-Agent-Teams, die Praxis und Technologie verbinden. Sie sorgen dafür, dass Video, KI und immersive Formate wie VR/AR Zugang, Verständlichkeit und Partizipation in der Wissenschaft erhöhen.
2. Gesellschaftliche Trends und technologische Treiber
Die zentralen Zukunftstrends? „Inclusive learning environments“, der systematische Einsatz von KI und immersive Technologien. Institutionen müssen adaptiv agieren: Die Erwartungshaltung von Lernenden und Forschenden ist geprägt durch die breite Verfügbarkeit von Videoinhalten, hybriden Lernformaten (HyFlex, Blended) und die Möglichkeit, Inhalte personalisiert und kontextbasiert abzurufen.
Gesellschaftliche Herausforderungen wie der Umgang mit „polycrises“ – also multiplen und gegenseitig verstärkenden systemischen Stressfaktoren (Klima, Demografie, regulatorische Unsicherheit, geopolitische Transformation) – prägen dabei das Setting: Lehrende und Studierende benötigen Medienkompetenz; Hochschulen müssen Datenschutz und Ethik in der Medienproduktion gewährleisten. Der Arbeitsmarkt erwartet neue Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Videos und fortgeschrittener AV-Technik.
Die OECD bestätigt: Digitalisierung führt zu einer Neuverteilung von Kompetenzen („Skills Gaps“), sodass lebenslanges Lernen und die Integration von Videoressourcen in die (wissenschaftliche) Weiterbildung an Bedeutung gewinnen. Die Schaffung von inklusiven, offenen, adaptiven Lernumgebungen ist daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
3. Medientechnologien: Streaming, OTT und AV als Wissenstransfer-Werkzeuge
3.1 Streaming-Dienste und OTT-Plattformen
Streaming ist längst nicht mehr nur im Unterhaltungsbereich relevant: Plattformen wie Coursera, edX, ScienceMedia und regionale Universitätsportale (z. B. DFN-Videokonferenzdienste oder Mediatheken von Hochschulen) setzen neue Maßstäbe für die Bereitstellung von Vorlesungen, Keynotes und Lehrvideos. Die Integration von Videos in bestehende Lernplattformen (Moodle, Teams, Zoom) ermöglicht eine flexible, multimodale Wissensvermittlung und fördert das selbstbestimmte Lernen.
Verschiedene Studien belegen eine positive Wirkung von On-Demand-Formaten und Video-Streaming auf die Motivation und den Lernerfolg von Studierenden. Besonders hervorzuheben sind Open Educational Resources (OER), die vielfach von UNESCO, europäischen Hochschulallianzen und nationalen Initiativen gefördert werden. Sie sorgen für den barrierefreien Zugang zu Lernmaterial. Und ermöglichen es sogar, Kurse und Materialien über Landes- und Sprachgrenzen hinweg zu teilen.
3.2 Herausforderungen: Digital Divide und Zugangsgerechtigkeit
Der Zugang zu Streaming und OTT-Angeboten ist nicht überall gleich: Institutionen in Regionen ohne stabile Bandbreite oder finanziellen Rückhalt stehen vor Schwierigkeiten, hochwertige Videos bereitzustellen oder live zu übertragen. Die „Digital Divide“ schafft weiterhin reale Barrieren, und die Kapazität zur Nutzung moderner Medientechnologie ist weltweit ungleich verteilt. Zielgerichtete Fördermaßnahmen sind erforderlich, um die Chancen der Medientechnologien für alle erreichbar zu machen. Dazu gehören Infrastrukturprojekte, Open Access-Fonds und Programme zur Stärkung der Digital Literacy.
4. Audiovisuelle Technologien: Interaktion, Immersion und Individualisierung
Fortschrittliche AV-Systeme und interaktive Technologien revolutionieren den Alltag in Forschung und Lehre. Interactive Whiteboards, mobile Video-Kits, AR- und VR-Anwendungen eröffnen neue Spielräume für Experimente und Präsentationen. In den MINT-Fächern kommt VR für virtuelle Labore, AR für die dreidimensionale Visualisierung komplexer Sachverhalte und Videoanalyse zur Beobachtung von Experimenten zum Einsatz.
Die Horizon Report 2025 stellt fest: Der „Next Level“ audiovisueller Technik ist nicht allein die hochauflösende Übertragung, sondern vielmehr die intelligente Integration von KI-gestützter Captioning, automatischer Übersetzung und personalisierter Lernbegleitung. Dies ermöglicht barrierefreie Inhalte und fördert die Teilhabe von Menschen mit Einschränkungen, unterschiedlichen Sprachen oder besonderen Lernbedürfnissen.
Flexibilisierung durch HyFlexKonzepte ist mittlerweile Standard. Hochschulen berichten, dass die Digitalisierung und Virtualisierung von Seminaren und Projekten die internationale Mobilität erhöht, den Austausch in temporären Teams vereinfacht und zugleich die Vernetzung mit außerakademischen Partnern stärkt.
5. Praxisbeispiele und modellhafte Anwendungen
5.1 Erfolgreiche Projekte
- The Conversation: Dieses Medienprojekt bringt Wissenschaftler*innen dazu, aktuelle Forschungsthemen für die breite Öffentlichkeit in verständlicher Form zu erklären. Die Redaktion arbeitet mit Universitäten weltweit zusammen und sorgt für hohe Sichtbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse. Regelmäßig werden Videoformate und Podcasts produziert und in Kooperation mit traditionellen Medien gesendet.
- Wissenschaftspodcasts und Livestreams: Formate wie das „Forschungsquartett“ oder die Liveübertragung von Forschungsevents bei CERN, ESA oder Max-Planck-Instituten übersetzen komplexe Inhalte in zugängliche Video- und Audiobeiträge und ermöglichen Echtzeitdiskussionen.
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YouTube-Kanäle von Hochschulen: Laut UNESCO und OECD nutzen immer mehr Bildungsinstitutionen eigene YouTube-Präsenzen für Vorlesungen, Projektberichte und Institutsvorstellungen. So werden MINT-Inhalte, Fachtage, Wissenschaftsvlogs und Lehrvideos weltweit zugänglich gemacht für eine massive Reichweitenerhöhung.
5.2 OER-Initiativen und Expansion
Die Bewegung Open Educational Resources (OER) entwickelt sich weiter: Immer mehr Universitäten stellen Video-Materialien, Screencasts und Tutorials offen bereit. Damit fördern sie ein „Ökosystem der freien Wissensvermittlung“. Die EU und UNESCO initiieren internationale Austauschplattformen wie „OER Knowledge Cloud“ und „OER Repository for Higher Education“. Österreichische und Schweizer Hochschulen führen kollaborative OER-Projekte durch. Hier schaffen, teilen und verbessern Lehrende, Studierende und Support-Einrichtungen gemeinsam Materialien. Motivationsfaktoren sind neben der Kosteneffizienz vor allem die Community-Bildung und die Erhöhung institutioneller Reichweite.
6. Zukunftsausblick: Schlüsseltrends, Herausforderungen und Szenarien
Technologischer Fortschritt und KI-Tools
KI-Anwendungen stehen derzeit im Mittelpunkt von Lehre und Forschung. Dazu zählen Chatbots, personalisierte Empfehlungssysteme und adaptive Lernumgebungen. Die Entwicklung generativer KI und entsprechender Governance-Strukturen erfordert fortlaufende Qualifizierung und klare ethische Leitlinien für Hochschulen. Gleichzeitig eröffnen Technologien wie Virtual Reality und 5G neue Möglichkeiten, Medientechnologien noch stärker in Bildung und Forschung zu integrieren. Laut Panelists der Horizon-Studie wird KI insbesondere in Forschungsvideos, transkribierter Videokommunikation und bei der automatischen Inhaltsanalyse (z. B. Sentiment oder Komplexitätsgrad) eingesetzt.
Evolving Teaching Practices & Critical Digital Literacy
Die Vermittlung von Medienkompetenz und die kontinuierliche Weiterentwicklung von Lehrmethoden rücken ins Zentrum. Fakultätsentwicklung für den Umgang mit AV und KI, die Einführung von Best-Practice-Workflows und die systematische Digital-Weiterbildung für Lehrende und Studierende sind notwendig. Cybersecurity & Datenschutz: Die Sicherheit digitaler Lehr- und Forschungsvideos, der Schutz personenbezogener Daten sowie das Management von digitalen Identitäten und Inhaltsrechten müssen weiter professionalisiert werden.
Equitable and Inclusive Learning
Digital Literacy, Gendergerechtigkeit und Inklusion sind die Grundpfeiler für eine zukunftsfähige Wissenschaftskommunikation. Innovative Technologien müssen so implementiert werden, dass sie alle Zielgruppen adressieren und einen echten Zugang ermöglichen. Hier entsteht eine große Hebelwirkung für gesellschaftlichen Nutzen.
7. Kritische Reflexion und Gestaltungsperspektiven
Chancen:
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Demokratisierung des Wissens: Wissenschaft wird durch Video und Streaming global sichtbar, diverser und inklusiver.
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Effizienz und Flexibilität: Lernende, Forschende sowie die breite Öffentlichkeit profitieren von neuen Formen der Wissensvermittlung und können orts- und zeitunabhängig partizipieren.
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Innovationsimpuls: Die Integration von VR, KI und AV fördert multiperspektivische Kollaboration und beschleunigt den Transfer aus der Forschung in die Praxis.
Herausforderungen:
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Infrastruktur und Digital Divide: In vielen Ländern fehlen die technischen Grundlagen, um hochwertige Medientechnologien breit einzusetzen.
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Medienkompetenz und Ethik: Der Umgang mit KI-generierten Videos, automatischer Transkription und AV-Systemen erfordert neue Kompetenzen, eine kritische Bewertung von Quellen und die Berücksichtigung ethischer Standards.
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Regulierung und Datenschutz: Die Regulierung der Medienproduktion, die Sicherung einer gerechten Verteilung von Zugängen und die nachhaltige Steuerung von Urheberrecht und Datenschutz sind unverändert essenzielle Daueraufgaben.
8. Fazit: Medientechnologien als Schlüssel der vernetzten Wissenschaft
Die Zukunft der Wissenschaftskommunikation liegt in der aktiven Gestaltung von Medienvielfalt, verantwortungsbewusster Datenökonomie und inklusiven Interaktionsräumen, die alle gesellschaftlichen Gruppen adressieren. Moderne Medientechnologien prägen die Wissenschaftskommunikation und den Wissenstransfer wie nie zuvor. Die Integration von Streaming, AV und OTT in Forschung, Lehre und gesellschaftliche Debatte ist weit mehr als technischer Fortschritt; sie ist ein kultureller Wandel mit globalem Impact.
Qvest unterstützt sie dabei, den Wandel erfolgreich zu gestalten und institutionelle Voraussetzungen, Skills, ethische Prinzipien und regulatorische Standards parallel zur Technologie weiterzuentwickeln.